„Absonderung“: Landratsamt droht Eltern „unmittelbaren Zwang“ an Erschreckender Corona-Bescheid des Gesundheitsamtes Görlitz

Die Unterscheidung zwischen Falschinformation – neudeutsch „Fake“ – und Fakt ist heute so schwer wie lange nicht mehr. Und so glaubte ich denn auch (wieder einmal), das könne doch eigentlich nur eine gut gemachte Fälschung sein, was mir ein Leser schickte: Einen Bescheid des Gesundheitsamts im Landkreis Görlitz in der Oberlausitz in Sachsen. „Für Ihr Kind wird häusliche Absonderung im Zeitraum von 18.09.2020 bis mindestens 30.09.2020 angeordnet“, wird darin Eltern verkündet, deren Namen geschwärzt ist. Auslöser: „Das Gesundheitsamt des Landkreises Görlitz hat festgestellt, dass Ihr Kind eine Kontaktperson zu einer an COVID-19 erkrankten Person ist. Es ist deshalb eine Kontaktperson der Kategorie I (höheres Infektionsrisiko) nach den Richtlinien des Robert-Koch-Instituts bei der ansteckenden Krankheit Corona (2019-nCo).“

 

Weiter steht in dem Bescheid (Original siehe unten): „4. Sie haben zu dulden, dass bei Ihrem Kind bei Bedarf am Ende der häuslichen Absonderung, jeweils ein tiefer Nasen-Rachenabstrich durchgeführt wird.“

Sodann droht das Gesundheitsamt mit Zwangsmaßnahmen: „5. Wird den Anordnungen nach den Ziffern 1 – 4 dieses Bescheides nicht Folge geleistet, wird hiermit die Durchsetzung im Wege der Verwaltungsvollstreckung durch unmittelbaren Zwang, angedroht. Darüber hinaus behält sich das Gesundheitsamt des Landkreises Görlitz bei fehlender Mitwirkung die Beantragung der zwangsweisen Absonderung beim zuständigen Amtsgericht vor.“

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Auf gut deutsch: Im Zweifelsfall will die Behörde von einem Gericht die Eltern und ihr Kind trennen lassen. Per Zwang. Dies ist besonders bemerkenswert, weil hierzulande seit Jahren ein erbitterter Streit um die Altersfeststellung von Migranten geführt wird, an deren Minderjährigkeit Zweifel herrschen. Sowohl eine rein körperliche Untersuchung, etwa die Begutachtung der Zahnreife, als auch insbesondere die Vermessung der Handwurzel oder des Schlüsselbeins per Röntgenstrahlen wird dabei von vielen als schwere Verletzung der Menschenwürde abgelehnt und verurteilt. Wo bleibt da der Aufschrei bei der Androhung solcher Zwangsmaßnahmen zur Absonderung von Kindern?

Punkt sechs des Schreibens wirkt da fast schon wie Satire:

„6. Dieser Bescheid ergeht gebührenfrei.“

Dafür droht nicht nur ein saftiges Bußgeld – sondern auch eine Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren: „Zuwiderhandlungen stellen eine Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 73 Abs. 1 Ziff. 6 IfSG dar und kann mit Bußgeld in Höhe bis zu zweitausendfünfhundert Euro geahndet werden. Bei vorsätzlicher Zuwiderhandlung stellt es eine Straftat i.S.d.  § 74 IfSG und kann Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren  oder Geldstrafe geahndet werden.“


Als Rechtsgrundlage gibt das Gesundheitsamt das Infektionsschutzgesetz an, § 2 Nr. 7. Dort wird als „Ansteckungsverdächtiger“ definiert: „Eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein“. Ist das wirklich anzunehmen, nur weil jemand Kontakt mit jemandem hatte, bei dem ein Test positiv ausschlug? 

Ich habe das Landratsamt Görlitz angeschrieben und gefragt, ob der Bescheid echt sei. Die Antwort: „Bei dem Schreiben handelt es sich um einen Bescheid des Gesundheitsamtes des Landkreises Görlitz.“

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Bild:New Africa/Shutterstock
Text: red


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