"Antirussischer Scheiß"

 

 

Wir müssen die Sanktionen stoppen – und die Krim gehört zu Russland. Mit dieser Botschaft wandte sich gestern im Schloss Charlottenburg Hans-Ulrich Jörges an junge Führungskräfte aus Russland und Deutschland. Kritik an seiner Rede wies er im kleinen Kreis als „antirussischen Scheiss“ zurück, wie ein Teilnehmer berichtete. Der Chefredakteur für besondere Aufgaben bei „Gruner & Jahr“, von 2007 bis 2017 Mitglied der Chefredaktion des STERN und bis heute Dauergast in den Talkshows, sprach beim „German-Russian Young Leaders-Dinner“. Unter anderem sagte er laut dem Teilnehmer, NATO-Schiffe hätten vor der Krim gekreuzt und deswegen habe Putin handeln müssen. Auf die Entgegnung, die Okkupation der Krim sei eine Verletzung des Völkerrechts, antworte Jörges demnach: die Amerikaner verletzten „seit der Niedermetzlung der Indianer ständig“ das Völkerrecht. Zudem sagte er später in einem direkten Gespräch mit dem Teilnehmer nach dessen Angaben, er arbeite für RT. Von der Frau des für besondere Kreml-Linientreue und Glamour bekannten Ex-Botschafters Kotenev, der Kreml-Kritikern auch in Deutschland kaum verhohlen drohte, habe es zur Belohnung einen dicken Kuss gegeben. Zufall war die Einladung von Jörges wohl kaum. Schon 2015 kommentierte er unter der Überschrift „Merkels Blackout bei Putin“ im STERN: „Angela Merkel spricht in einem Treffen mit Putin von einer „verbrecherischen und völkerrechtswidrigen Annexion der Krim“. Es folgt ein Aufschrei. Fakt ist, ihr Kommentar war ein Versprecher.“ Sponsoren der „GERMAN-RUSSIAN YOUNG LEADERS CONFERENCE“ sind laut Homepage unter anderem: Deutsche Bank, Siemens, Deutsche Börse, Porsche, Metro, Knauf Gips, Gasprom, Gorchakov-Stiftung (vom Kreml gegründet und nach eigenen Angaben mit Mitteln der „sanften Gewalt“ arbeitend*). Mehrere Teilnehmer fühlten sich an eine Propagandaveranstaltung des Kreml erinnert – mit Hans-Ulrich Jörges als neuem Pressesprecher. Allerdings war dies nach übereinstimmenden Informationen nicht im Sinne der Veranstalter und entgegen aller zuvor getroffenen Absprachen.

 

*) „In der Selbstbeschreibung der Gortschakow-Stiftung hieß es mehrere Jahre lang, man arbeite mit dem Mittel der ,sanften Gewalt´. Der geschäftsführende Direktor Leonid Drachewski erläuterte das Konzept und den Sinn der Stiftungsarbeit. Es handele sich um eine Form der Politik, ,bei der nicht die militärisch-wirtschaftliche Macht (…) im Vordergrund steht, sondern die Fähigkeit zur Einflussnahme von Staat und Gesellschaft auf den internationalen Raum mithilfe kultureller, historischer und politischer Werte´. (Bild, 2.11.2018)

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