Berliner Größenwahn?

Alfred Koch ist ein Mann wie ein Fels. Kaum etwas kann den Mann, der als Vize-Regierungschef einst einer der mächtigsten Männer in Russland war, aus der Fassung bringen. Die deutsche Klimapolitik schafft es. Koch, der aus einer russlanddeutschen Familie stammt, seit rund 10 Jahren in Oberbayern wohnt und inzwischen einen deutschen Pass hat, schüttelt immer wieder den Kopf, wenn er auf das Thema zu sprechen kommt. 

Und – Sie werden es kaum glauben – Koch konnte jetzt im Fernsehen abrechnen mit dem „Klimairrsinn“. Ja, in einem deutschen Sender. Aber leider nur in einem russischsprachigen – Ost-West (mehr zum Sender hier), in meiner wöchentlichen Sendung dort, einer Oase für kritischen Journalismus (die, wie es sich gehört für diesen, weder Merkel noch Putin gefallen dürfte).

Politische Korrektheit ist in Russland so gut wie unbekannt, und so nimmt auch Koch kein Blatt vor den Mund. „Das erste, woran ich denke, wenn es um die Erderwärmung geht, sind die Dinosaurier, die sind auch Klimaveränderungen zum Opfer gefallen, also gab es die auch schon früher“, so der markante Einstieg von Koch, der Wladimir Putin noch aus gemeinsamen Petersburger Zeiten kennt, bevor er zu einem seiner schärfsten Kritiker wurde.

„Auch der CO-2-Ausstoß der Dinosaurier könnte hoch gewesen sein, weil sie sehr viel Pflanzennahrung aßen und sicher auch Blähungen hatten“, scherzt der 58-Jährige in typisch russischer Manier in Anspielung auf Kritik, die Ausdünstungen von Zuchttieren seien einer der Günde für die globale Erwärmung. Weiter feixt Koch: „Wer das Klima und die Welt retten will, sollte vorher erst mal wieder lernen, einen Flughafen zu bauen“. Sie sehen schon an diesem Einstieg: Wie eine Mehrheit der Russen nimmt der frühere Spitzenpolitiker das Thema, das in Deutschland die Schlagzeilen beherrscht, nicht wirklich ernst.

Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler und Buchautor stößt sich schon an dem in Deutschland aus aller Munde zu hörenden „wissenschaftlichen Konsens“ über den Menschen als Hauptursache des aktuellen Klimawandels: „In der echten Wissenschaft kann es gar keinen Konsens geben“, sagt Koch: „Denn in unterschiedlichen Zeiten gab es zu viel wissenschaftlichen Konsens, der sich danach als Blödsinn entpuppte. Etwa den Konsens, dass die Erde flach sei, dass sich die Sonne um die Erde dreht, dass die Erde einzigartig und Leben nur auf ihr möglich sei, unter Hitler gab es Konsens, dass eine Atombombe unmöglich sei, weswegen man ihre Ausarbeitung einstellte, und auch die Rassentheorie war einmal wissenschaftlicher Konsens in Deutschland. Deshalb halte ich schon allein den Begriff wissenschaftlicher Konsens für unwissenschaftlich, weil die Geschichte zeigt, dass auch die Minderheit Recht haben kann.“

Die besten Ideen seien immer sehr schwer durchsetzbar gewesen, wenn sie dem „Konsens der Wissenschaft“ zuwider liefen, deshalb müssten echte Wissenschaftler jeden Konsens fürchten, und dürften schon gar nicht versuchen, denen den Mund zu stopfen, die diesem Konsens widersprechen, so Koch: „Das Problem ist, dass der menschengemachte Klimawandel zu einem derartigen Dogma wurde, dass jeder Widerspruch – der ja durchaus falsch sein kann – verschwiegen oder gar stigmatisiert wird.“

Beispiele dafür gibt es genug: Bei der BBC sollen „Klimaleugner“ keine Stimme mehr bekommen, in Deutschland versuchte das Journalistenprojekt „Correctiv“, das sich dem „“Kampf gegen Fakenews“ verschrieben hat, eine Meldung über einen offenen Brief von 500 Wissenschaftlern („Es gibt keinen Klimanotstand“) de facto zur Falschmeldung zu erklären und seine Verbreitung bei facebook einzuschränken.

Die Deutschen reagierten auf den Klimawandel wie jemand, der an einer Deichwand stehe, die unzählige Löcher habe. Die Deutschen würden alles tun, um ihr eigenes Loch zu stopfen – „das ist lobenswert, das kann gelingen, aber wer so handelt, wird trotzdem ertrinken, wenn die anderen ihre Löcher nicht stopfen“. Und solange die dazu nicht bereit seien, wäre es vielleicht nicht unklug, sich auch Gedanken über eine andere Strategie zu machen, mahnt Koch: „Etwa ein Boot zu bauen, Vorräte anzulegen“. Da der angebliche weltweite Konsens in der Klimapolitik ein Mythos sei, so der Ex-Vizepremier, und viele andere Länder ihre Löcher nicht stopften, sollten wir uns auf den Klimawandel vorbereiten, statt uns der Illusion hinzugeben, ihn quasi im deutschen Alleingang zu stoppen.

Koch betont, er sei kein Klimawissenschaftler, und er halte es für durchaus möglich, dass die vorherrschende Klimatheorie zutreffe. Die Moralisierung, für die etwa Greta Thunberg stehe, könne er aber nicht nachvollziehen. „Sie wirft allen Erwachsenen vor, ihr ihren Traum gestohlen zu haben. Ich weiß nicht, was sie für einen Traum hat, und kann mir nicht vorstellen, wie ich den gestohlen haben soll.“ Von dem sieben Milliarden Menschen auf der Welt hätten viele ihre eigenen Träume: „Da gibt es Kinder, die davon träumen, sich einmal im Leben satt zu essen, die mit 16 zehn Stunden am Tag arbeiten, statt die Schule zu besuchen, die in Ländern leben, die arm sind, nicht industrialisiert wurden. Und wofür steht Greta: Dafür, den Traum dieser Kinder zu ignorieren, und nur ihren Traum zu verwirklichen, den sie nicht mal formulieren kann.“ Die Träume der unzähligen Millionen hungrigen Kinder vom Sattsein müssten platzen, wenn sich Gretas Traum durchsetze, weil für dafür Düngemittel nötig wären, Traktoren, Kühe, etc. – all das, wogegen die junge Schwedin kämpfe: „Die Welt muss sich entscheiden zwischen dem Traum von Greta und dem Traum von einem Jungen in Bangladesch“.

Die Entwicklungsländer hätten Recht, wenn sie den Industrieländern vorwerfen, dass sie ihre Industrialisierung mit maximalem Schaden für die Umwelt realisierten – und es deshalb einen bitteren Beigeschmack habe, wenn sie ihnen jetzt verbieten wollten, sich zu industrialisieren und die Armut zu bekämpfen – „weil Greta einen Traum hat.“

Auf die Frage, warum die Staats- und Regierungschefs in New York Greta Thunberg frenetisch applaudierten, als sie ihnen heftige Vorwürfe machte, antwortete der frühere Vize-Ministerpräsident: „Thunberg wird aufgefasst wie ein Standup-Komiker, der scharfe, beleidigende Sachen sagt, die sie amüsant finden – wie einen Hofnarren.“

Die vor Klimabewegung vor allem in Deutschland erinnere ihn an eine Sekte, sagte Koch, sie habe religiöse Züge: „Man nimmt dort Greta nicht als Individuum wahr, sondern als eine Art Prophetin, als die Stimme einer Generation“. In anderen Ländern, etwa im Mittelmeerraum, sei die Einstellung zum Klimawandel weitaus entspannter als etwa in Deutschland, Schweden oder Benelux: „Vielleicht sind Deutschland, Skandinavien und die angelsächsischen Länder historisch und intellektuell auf der Spitze einer gewissen Entwicklung, sie sind sowohl von den linken als auch rechten Bewegungen enttäuscht, und sie suchen eine Alternative. Als die grüne Bewegung begann, sagten ihre Vorreiter, ihre Richtung sei weder links, noch rechts, sondern sie wollten nach vorne. Eine Erklärung wäre, dass das christliche Konzept der Seelenrettung kompensiert wird durch das Konzept der Rettung der Welt. Eine andere mögliche Erklärung ist, dass die alten Nationen wie Japan, Italien, Griechenland oder Israel einfach viel gelassener sind als die jüngeren, weil sie so viel erlebt haben, nach dem Motto: ,Weltuntergang – das hatten wir schon.´“

Das in Russland der Klimawandel kein Thema ist, habe wohl damit zu tun, dass die Menschen dort „eine ganz andere Dimension von Unglück und Elend gewohnt sind, da ist eine Klimawandel eher etwas Lächerliches und Läppisches.“

Kochs Fazit: „Ein intelligenter, denkender Mensch sollte nie stolz darauf sein oder sich darüber freuen, zur Mehrheit zu gehören. Das muss ihn erschrecken! Diejenigen, die sich heute daran ergötzen, zur Mehrheit zu gehören, und die das ausnutzen, um Minderheiten zum Schweigen zu bringen, die werden in recht kurzer – im historischen Maßstab – Zeit das ernten, was sie gesät haben, und man wird ihnen auch den Mund stopfen.“

P.S.: Nach der Sendung erzählte mir Koch noch von einer interessanten Beobachtung. Auf youtube gab es eine großes Übergewicht negativer Kommentare – während bei den „Likes“ das Verhältnis mehr als umgekehrt war – fast siebenhundert Mal Daumen rauf, nur knapp 50 Mal runter. Dazu Koch: „Das ist ein Indiz dafür, dass die stramm politisch korrekten in der Minderheit sind, aber umso lauter den Mund aufmachen, während die Mehrheit eher anders denkt – aber dies eben nicht explizit ausspricht“.


David gegen Goliath

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Bilder: Nate Greno/Unsplash, privat.

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