Wie Medien die Gewalt der Linksextremen den Corona-Demonstranten andichteten

Sonntag Abend, die Hauptnachrichten bei RTL um 18.45 Uhr. „Diese Themen haben wir für Sie“, sagt die Moderatorin, und sofort sind Kampfszenen auf einer Straße zu sehen, Polizisten, die sich offenbar eine Schlacht mit einer Menschengruppe leisten, Menschen, die am Boden liegen, dann Randalierer, die große Gegenstände – offenbar Bauschutt – durch die Luft schmeißen. „Bittere Bilanz“, sagt die Sprecherin: „45 verletzte Polizisten, 133 Festnahmen“. Schon bei den „133 Festnahmen“ sind Bilder von der Demonstration der Corona-Maßnahmen-Kritiker auf der Straße des 17. Juni zu sehen, und in einem Atemzug sagt die Sprecherin weiter: „Pöbeleien gegen Journalisten, Politiker üben nach dem Demonstrationswochenende in Berlin heftige Kritik an den Teilnehmern“. Erst danach wird zum nächsten Themenblock übergeleitet, mit einer klaren Blende.

Die große Mehrzahl der Zuschauer wird durch diese Nachrichtensequenz den Eindruck bekommen, dass die „Querdenker 711“-Demonstranten für die 45 verletzten Polizisten verantwortlich ist, dass die 133 Festgenommen aus ihrem Umfeld stammen, und dass sich die Kritik der Politiker ausschließlich darauf bezog. Denn in den Schlagzeilen war am Wochenende ausschließlich die Demonstration der Corona-Maßnahmen-Kritiker. Und Kritik der Politiker habe ich auch nur an dieser gehört. Dass gleichzeitig massive Ausschreitungen Linksextremer stattfanden, wurde in den meisten Medien eher unter „ferner liefen“ berichtet.

Auch viele andere Medien vermittelten am Wochenende den Eindruck, die Verletzungen von 18 Polizisten stünden in Zusammenhang mit der Auflösung „Querdenken 711“-Demonstration. Dies beruht auf einer Falschmeldung der Nachrichtenagentur dpa, die als Leitmedium gilt und von der die meisten Redaktionen ihre Nachrichten beziehen und übernehmen. So schaffte es diese gravierende Fehlinformation deutschlandweit in die Überschriften. Hier Beispiele, die am frühen Montag bei google-News zu finden waren – und allesamt die Leser massiv in die Irre führen:

Bei RP Online ist ganz unten unter dem Artikel, wohin sich nur sehr hartnäckige Leser durchkämpfen, ein kleiner Hinweis zu finden: „Anmerkung der Redaktion: Auf Grundlage einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa enthielt dieser Text zunächst Informationen zu verletzten Polizisten bei der Auflösung der Kundgebung. Später korrigierte die dpa die Meldung jedoch, die Zahl habe sich auf das Demonstrationsgeschehen insgesamt bezogen. Wir haben zwei Sätze entfernt und die Überschrift daher angepasst.“

Die blosse Nennung der 45 verletzten Demonstranten ist zwar korrekt, aber in vielen Fällen wird aus dem Kontext der Eindruck erweckt, diese Verletzungen stünden in Zusammenhang mit „Querdenken 711“.

Der Tagesspiegel und das teilweise in SPD-Besitz befindliche Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) hatten die irreführenden Formulierungen bzw. den missverständlichen Kontext bis Montag früh nicht korrigiert, der Kölner Stadtanzeiger ließ die Falschmeldung bis dahin stehen. Der Spiegel, die Süddeutsche und die „Zeit“ haben sie ebenso wie RP Online geändert und den gleichen Fehlerhinweis eingefügt. Ganz unten, wo ihn viele Leser nicht mehr lesen werden.

Hängen bleiben wird die Schlagzeile. Nicht das klitzekleine Dementi.

Die Polizei selbst gibt laut rbb an, die Verletzungen ließen sich „aktuell nicht zuordnen“ zu einzelnen Demonstrationen. Das ist etwas merkwürdig. Auch, weil die Bilder von der linken Gewalt aus Neukölln eindeutig sind (siehe etwa dieses Video hier). Und weil es Einsatzberichte gibt. Dass vielleicht eine, zwei Verletzungen nicht zuzuordnen sind, ist denkbar. Aber nicht einmal eine Tendenz?

Auch die Gewerkschaft der Polizei führt die Menschen massiv in die Irre:

Aber zurück zu RTL. Offenbar etwas naiv, sah ich mir die komplette Sendung an. Weil ich felsenfest überzeugt war, dass zumindest für die geduldigen Zuschauer die Desinformation vom Anfang noch aufgeklärt werde. Aber Fehlanzeige. Es wurden etwa eine lange Reportage über die Lage in Afrika und diverse nebensächliche Themen wie Kloster-Urlaub ausgestrahlt. Zu dem Ereignis, das die Menschen in Deutschland am meisten bewegte an diesem Wochenende, der Demonstration in Berlin, kam nichts mehr.

So blieben auch die RTL-Zuschauer völlig in die Irre geführt: In der Annahme, die Corona-Maßnahmen-Skeptiker hätten massive Gewalt ausgeübt und viele von ihnen seien festgenommen worden. Dass die Randale von Linksextremen ausgingen, ja dass es überhaupt linksextreme Krawalle gab in der Hauptstadt, erfuhren die Zuschauer in der wichtigsten Nachrichtensendung des Privatsender nicht. Dafür war im Vorspann dazu Werbung für die Corona-Maßnahmen zu sehen. Viel spricht dafür, dass diese von der Regierung bezahlt wird. Diese finanziert Medien allein in den vergangenen fünf Jahren mit 200 Millionen Euro, die sie für Werbung zahlt (siehe hier).


Ansehen können Sie sich die RTL-Nachrichtensendung hier.

Wer beim Deutschen Presserat Beschwerde einreichen möchte, kann das hier tun. Aber nur für Printmedien bzw. deren Online-Auftritte. So umstritten die Unabhängigkeit dieses Organs der „Freiwilligen Selbstkontrolle der Printmedien“ ist auch die Zahl der Beschwerden dort hat Aussagekraft.

PS: Pikanterweise verbreitet RTL die Nachricht, dass die Reporterin vor Ort, die auch in der Sendung zu sehen ist, ihren Dreh aus Sicherheitsgründen habe abbrechen müssen, weil Demonstranten Lügenpresse riefen (anzusehen ist die Szene hier).

PS: Bereits im Mai habe ich hier berichtet, wie RTL mich in seinen Nachrichten zum Propaganda-Instrument machte (nachzulesen hier).

PS: Ich danke meinem Leser Frank Daarsten, der mich auf diese Sendung hingewiesen hat, und mich unermüdlich mit derartigen Fundstücken versorgt.


Bild: Screenshots RTL/bearbeitet/ReitschusterText: red

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