„Wdr sind der Staat“

Immer wieder gibt es Sitzungen und Veranstaltungen, bei denen man gerne als Mäuschen dabei gewesen wäre. Und manchmal erfüllt sich dieser Traum – dank Technik und Medien. So haben nun Teilnehmer von einer internen Redaktionsonferenz beim WDR berichtet – und auch einen Mitschnitt anderen Medien zugespielt.

Was da nun Zeit.de dokumentiert, ist ein spannendes Dokument der Zeitgeschichte. Innenansichten aus einer Anstalt, die offenbaren, wie weit man dort inzwischen von der Realität entfernt ist – und vom Kunden, dem Gebührenzahler.

Der Schlüsselsatz aus dem ganzen Beitrag ist für mich dieser: „Und als er (Buhrow) noch einmal an die ,Stammkunden´ erinnert, an die man auch denken müsse, ist auf dem Mitschnitt ein genervtes Stöhnen hören.“ Allein mit dieser Episode ist eigentlich schon alles gesagt. Und genau der Eindruck bestätigt, denn man alltäglich bein Ansehen und Anhören des Programmes bekommt. Normalerweise werden Kunden einer Firma überdrüssig – im Gebührensystem ist es umgekehrt.

Die Berichte von der Versammlung wirken, als stammten sie aus einer Parallel-Realität. So ähnlich wird es wohl am Zarenhof Ende 1916 zugegangen sein. Realitätsverweigerung im Endstadium. Intendant Tom Buhrow, der zumindest ansatzweise ein Fehlverhalten im Opagate-Skandal („Meine Oma ist ´ne alte Umweltsau) eingesehen und sich öffentlich entschuldigt hat, geriet dafür massiv unter Beschuss. Motto: Wie kann man nur dem Kunden, dem Pöbel, derart entgegen kommen, wenn doch die ideologische Linie eine ganz andere sein muss.

Nur am Rande sei erwähnt, dass keiner der Informanten, die mit der „Zeit“ sprachen, den Mut hatte, mit seinem oder ihrem Namen einzustehen für seine Informationen – zumindest im Journalismus könnte man sich so etwas ja vorstellen. Ein freier WDR-Journalist sagte der Zeit: „Es wäre ja ein Leichtes gewesen, auch selbst zu sagen: Das hätte ich besser machen können.“ Eine fest angestellte Mitarbeiterin des Senders zitiert das Blatt mit den Worten: „Die Botschaft der Veranstaltung war: Es war alles richtig, was wir gemacht haben.“

Georg Restle, Leiter der WDR-Redaktion Monitor und bekannt für stramme Haltung, wirkt laut dem Bericht wie der Wortführer auf der Versammlung. Er sagte: „Ich frage mich, wo die Programmverantwortlichen im vergangenen Jahr eigentlich gelebt haben.“ So weit, so einverstanden kann man mit Restle sein, mit dem ich zu gemeinsamen Moskauer Zeiten noch per Du war, und immer mit Verwunderung zur Kenntnis nahm, wie er überaus bescheidene Kenntnisse der russischen Sprache mit Meinungsfreudigkeit kompensierte. Aber welche Rolle spielt schon Kompetenz, so lange die Haltung stimmt?

Es habe mehrere forcierte Kampagnen gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gegeben, klagte Restle: „Das sogenannte Omagate sei auch nicht die erste Kampagne, die den WDR treffe. ,Warum lernt man nicht daraus?“ Der Gedanke, dass es im Oma-Gate vielleicht Fehler des WDR gegeben haben könnte, scheint dem Mann, der in jungen Jahren für einen Radiosender mit Antifa-Kontakten arbeitete, gar nicht in den Sinn zu kommen.

In seiner Redaktion habe man zweierlei verstanden, so Restle: „Erstens: niemals den Eindruck zu erwecken, dass man diesen rechten Kampagnen und diesen Shitstorms recht gibt oder vor ihnen einknickt.“ Regel Nummer zwei sei, zu differenzieren. „Es stimmt, es gibt eine Empörung, die irgendwo aus der Mitte der Gesellschaft kommt, die von den Boulevardmedien angeheizt wird, und die dann von Rechten gezielt genutzt wird, um diese Kampagne gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu führen.“

Was für ein strammes Feindbild! Restle führte dann laut Zeit weiter aus, er wünsche sich eine WDR-Führung, die deutlich mache, „dass sie die redaktionellen Entscheidungen in diesem Hause in der Regel stützt“ und „sich weder von Kampagnen von Rechten noch von Aussagen von Ministerpräsidenten oder anderen Politikern beeindrucken lässt“.

Mit anderen Worten: Restle wünscht sich eine von der Gesellschaft losgelöste Anstalt, die auf Rückkoppelung pfeift, und für die jede Kritik, solange sie über Einzelstimmen hinausgeht, eine „rechte Kampagne“ ist. Dass er nicht zwischen rechts, rechtsradikal und rechtsextrem unterscheidet, hat Restle bereits mehrfach deutlich gemacht. Für seine Aussagen bekam er anhaltenden Applaus. „Offenbar hat Restle den Kern dessen getroffen, was viele der Anwesenden sich von der Senderleitung wünschen“, schreibt die „Zeit.“

Buhrow entgegnete dem stramm linken Restle: „Einiges von dem, was du gesagt hast, Georg, hört sich auch an wie ’ne Kampagne.“ Wenn man sage ,da sind die Rechten, die gegen uns sind, jetzt müssen wir aber wirklich die Wagenburg zusammenziehen und dürfen überhaupt keinen Millimeter irgendwas zugeben´, sage er, Buhrow: ´Es ist keine Majestätsbeleidigung, wenn wir mal zugeben, dass wir eine Wirkung falsch eingeschätzt haben.´“

Sodann kommt von Buhrow die eingangs erwähnte Erinnerung an das Stammpublikum – und als Reaktion das „genervte Stöhnen“ der WDR-Mitarbeiter.

Bisher wurden Hinweise darauf, dass in den öffentlich-rechtlichen Anstalten Elfenbeintürme ohne Rückkoppelung mit der Realität entstanden sind, oft als Verschwörungstheorie herab getan. Jetzt lassen sie sich belegen. Lange kann diese Abkoppelung von der Realität nicht gut gehen.


David gegen Goliath

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Bilder: Michael Luehnen/Pixabay, Superbass / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)/Unsplash

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