Zweiter Suizid im Finanzministerium

Der Suizid des hessischen Finanzministers Thomas Schäfer hat vor drei Wochen viele Menschen in Deutschland erschüttert. Auch, weil der CDU-Politiker zuvor dramatisch vor den Folgen der Corona-Pandemie gewarnt hatte (siehe hier), und viel dafür sprach, dass auch die Krise dazu beitrug zu seinem Entschluss, sich das Leben zu nehmen. Darauf hatte auch ein Abschiedsbrief hingedeutet, von dem die Frankfurter Allgemeine Zeitung zunächst im Internet berichtete, diese Information dann aber nach sehr kurzer Zeit löschte (siehe hier). Schäfer habe sich große Sorgen gemacht, „vor allen Dingen darum, ob es gelingen könne, die riesigen Erwartungen in der Bevölkerung, insbesondere der finanziellen Hilfen, zu erfüllen“, sagte Ministerpräsident Bouffier (CDU) nach dem Tod seines Ministers.

Vor dem Hintergrund von Schäfers Selbstmord wirkt es beunruhigend, nun zu hören, dass sich ein weiterer Mitarbeiter des hessischen Finanzministeriums das Leben genommen hat. Der Beamte sei am Donnerstagmorgen “leblos in seinem Büro aufgefunden worden, nach polizeilichen Mitteilungen ist von einem selbstgewählten Freitod auszugehen”, heißt es in einer internen Mail des hessischen Finanzstaatssekretärs Martin Worms (parteilos) an die Mitarbeiter des Finanzministeriums in Wiesbaden, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.

Worms schreibt den Angaben zufolge von einem “weiteren bestürzenden Schicksalsschlag”. Der Sprecher des hessischen Finanzministeriums, Nick Pietzonka, bestätigte dem RND den Tod des Beamten. Die Mitarbeiter des Finanzressorts seien “tief betroffen”. Die näheren Umstände und Hintergründe waren zunächst unklar.

So sehr sich jede Art von Spekulationen verbieten, so ist es doch geboten, bei zwei Suiziden in einem Ministerium innerhalb kurzer Zeit einen kurzen Blick auf Probleme in dem Haus zu werfen, die bekannt sind. Geschäfte des Hauses mit Derivaten haben dem Land heftige Verluste beschert und bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Nach Angaben der Verantwortlichen sind sie in guter Absicht erfolgt, um befürchtete Zinssteigerungen abzufedern, die aber nie erfolgten. „Hessen verspekuliert Hunderte Millionen Euro an Steuergeldern“, hatte bereits 2018 die „Welt am Sonntag“ getitelt.

Die Frankfurter Rundschau schrieb im Januar: „Einige Monate lang befassten sich nicht nur Finanzexperten mit der Frage, ob die hessischen Derivate-Geschäfte ein riesiges Loch in den Landeshaushalt gerissen haben, das mit einer klügeren Schuldenpolitik vermeidbar gewesen wäre.“ Den Angaben zufolge gehen den Steuerzahlern nach Schätzungen der Opposition durch die Derivate-Geschäfte des Typs „Forward Payer Swap“ rund 3,2 Milliarden Euro verloren. Weiter heißt es in dem Bericht: „Nun überprüft der hessische Rechnungshof das Kredit- und Zinsmanagement des Finanzministeriums.“ Die massiven Börsenturbulenzen infolge der Corona-Krise könnten die Kurse der Derivate noch weiter gedrückt haben.

P.S.: Ich habe mich in diesem Fall entschieden, über das Thema Suizid zu berichten. Leider kann es passieren, dass depressiv veranlagte Menschen sich nach Berichten dieser Art in der Ansicht bestärkt sehen, dass das Leben wenig Sinn habe. Sollte es Ihnen so ergehen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge. Hilfe finden Sie bei kostenlosen Hotlines wie 800 1110111 oder 800 3344533.


Bild: Unsplash

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