Erfand das ZDF Angriffe auf Journalisten? Leipzig Demo: Nur 144 Verstöße gegen Maskenpflicht fixiert

„40 Angriffe gegen Pressevertreter wurden gemeldet, die Corona-Leugner radikalisieren sich immer stärker und immer schneller“, hieß es gestern im ZDF-Mittagsmagazin (siehe hier ab Zeitmarke 13:00). Wo genau diese Angriffe vermeldet wurden, teilte das Zweite Deutsche Fernsehen nicht mit. Auch in vielen anderen Medien kursieren ähnliche Zahlen zu der Querdenken-Demonstration am Samstag in Leipzig. Als Quelle wird in der Regel ein Funktionär der linkslastigen Journalistengewerkschaft dju genannt, der aber zumindest den Zitaten zufolge auch keine genauen Angaben zur Herkunft der Zahlen macht.

Einzige verlässliche Quelle für solche Angaben ist in meinen Augen die Polizei. Und so frage ich jetzt bei dieser in Leipzig nach:

Sehr geehrte Damen und Herren,
laut Presseberichten wurden am Samstag auf der Querdenken-Demonstration laut Deutscher Journalistinnen- und Journalisten-Union „mindestens 38 Medienvertreter an ihrer Arbeit gehindert“, einige seien „massiv körperlich attackiert  worden“. Ich möchte fragen, wie viele Behinderungen Ihnen bekannt sind und wie viele Attacken, und wie viele davon sich jeweils eindeutig der Querdenken-Demo zuordnen lassen.

Die Antwort der Polizei:

Sehr geehrter Herr Reitschuster,
aktuell sind wir in der Nachbereitung des Einsatzes vom 7. November 2020. Innerhalb dessen wertet unsere Kriminalpolizeiinspektion, Dezernat Staatsschutz, Hinweise aus den sozialen Medien aus, auf denen Angriffen gegen Journalisten zu sehen sein sollen. Daraus resultierend entstehen einzelne konkrete Ermittlungsverfahren. Selber hat sich aber bisher noch kein betroffener Journalist bei uns gemeldet (Stand 09.11.2020, nachmittags). Insofern lässt sich Ihre Anfrage noch nicht verifiziert beantworten.
Beste Grüße
XXXXX XXXXX
Sprecher
POLIZEIDIREKTION LEIPZIG
Stabsstelle Kommunikation
Man muss sich das vergegenwärtigen: Aus 38 Behinderungen und massiven körperlichen Attacken, welche die dju ohne Belege und Aufschlüsselung anführt, werden im ZDF „40 Angriffe gegen Journalisten“. Dabei hat sich noch kein einziger betroffener Journalist bei der Polizei gemeldet, diese sucht nun selbst nach entsprechenden Vorfällen. Was das ZDF da verbreitet, ist hanebüchen.
Die Behörden haben die Auflösung der Demonstration unter anderem damit begründet, dass keine Mund- und Nasenbedeckungen getragen wurden. Die Veranstalter machten dagegen geltend, dass viele der Teilnehmer ein Attest hatten. Auch Merkel-Sprecher Steffen Seibert und Seehofer-Sprecher Steve Alter beklagten gestern auf der Bundespressekonferenz die Verstöße. Auf meine Frage, ob bekannt sei, wie viele Menschen gegen die Auflagen verstoßen und wie viele Atteste hätten, verwies mich Alter auf die Polizei in Sachsen. Diese schrieb ich an und stellte ihr folgende Fragen:
1.) Wie viele Teilnehmer der Kundgebung wurden wegen Verstößen gegen die Maskenpflicht kontrolliert?
2.) Von wie vielen wurde ein Attest vorgelegt?
3.) Wie viele Ordnungswidrigkeitsverfahren wurden wegen Verstößen gegen die Maskenpflicht im Zusammenhang mit der Demo verhängt?

Die Antworten:

Mit aktuellem Stand wurden 144 Ordnungswidrigkeiten nach der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung und dem Sächsischen Versammlungsgesetz geahndet, d.h. es wurde ein entsprechendes Ordnungswidrigkeitenverfahren eröffnet.

Wurden Personen aufgrund eines Verstoßes gegen die Maskenpflicht kontrolliert und konnten ein Attest vorweisen, welches nach einer Vor-Ort-Überprüfung keine Unstimmigkeiten aufwies, erfolgte keine Erfassung, da kein Verstoß vorlag. Insofern ist ihre Frage 2 nicht verifizierbar. Aus dem gleichen Grund können wir Ihnen auch keine Zahl liefern, wie viele Personen hinsichtlich des Mund-Nasen-Schutzes kontrolliert wurden – über die 144 Verfahren hinaus.

Ein Veränderung der Zahl ist noch möglich, da noch Nachmeldungen der Einheiten anderer Bundesländer eingehen können.

Auf gut Deutsch: Die Zahl der fixierten Ordnungswidrigkeiten ist gering. Und wie viele der Menschen, die keine Mund-Nase-Bedeckung trugen, ein entsprechendes Attest besaßen, ist unklar. Somit stehen die Aussagen der Regierung auf tönernen Füßen, ebenso die Angaben in den meisten Medien. Warum haben diese nicht selbst bei der Polizei nachgefragt und veröffentlichen nicht ebenfalls deren Zahlen? Einerseits kann man zwar nicht davon ausgehen, dass die – nach offiziellen Angaben – 20.000 Teilnehmer größtenteils Atteste hatten – das wäre unrealistisch. Ein willentlicher Verstoß vieler Teilnehmer gegen die Verordnung liegt also auf der Hand. Andererseits ist eine hohe Konzentration von Menschen mit Masken-Attesten bei einer Demonstration, die sich auch gegen die Maskenpflicht richtet, durchaus nicht abwegig. Diese Problematik müsste zumindest erwähnt werden von Regierung und Medien. Aber sie verschweigen sie.

Ich stelle der Polizei noch folgende Fragen:

Wie viele Polizisten wurden im Zusammenhang mit der Querdenker-Demo verletzt und wie schwer?
Wie viele Polizisten wurden im Zusammenhang mit den Ausschreitungen in Leipzig-Connewitz verletzt und wie schwer?

Die Antwort:

Im Rahmen des Einsatzes waren 31 verletzte Polizeibeamte zu verzeichnen, die aber alle dienstfähig blieben. 17 wurden im Bereich Hauptbahnhof verletzt, als dort eine gewalttätige Personengruppe gegenüber den Kräften agierte. Dort erfolgte ebenfalls der Einsatz von unmittelbarem Zwang und es kam zu mind. einer Festnahme. In Connewitz wurden 9 Einsatzkräfte verletzt, der Rest bei anderen Einzelsituationen in der Stadt. Der Schwerpunkt der hervorgerufenen Verletzungen ist durch Flaschen- und Steinwürfe sowie den Einsatz von Pfefferspray gegen Polizeibeamte erfolgt.

Die Szene am Hauptbahnhof, bei der 17 Beamte verletzt wurden, war wohl jene mit den Provokateuren, die gezielt Gewalt suchten, und bei der auch ich durch den Treffer einer Glasflasche am Kopf verletzt wurde (siehe hier).

Das Ausmaß an Framing und Manipulation in der Berichterstattung zu Leipzig hat mich sprachlos gemacht. Ich habe dazu zwei Berichte geschrieben:

Besonders infam ist, wie die Augsburger Allgemeine manipuliert – die ich einst überaus schätzte und bei der ich ein Volontariat absolvierte. Sie war immer konservativ und bürgerlich, und ist mit der Zepterübernahme durch einen neuen Chefredakteur, der früher beim Spiegel war, regelrecht gekippt. Von den alten Kollegen von einst sind nur noch wenige in der Redaktion – stramme Ideologie gibt dort jetzt den Ton an und verprellt die eigenen Leser. Einer davon hat mir empört ein Bild aus der Zeitung geschickt. Darauf zu sehen sind Randalierer, und darunter steht die folgende Unterschrift (aus rechtlichen Gründen kann ich das Foto hier nicht wiedergeben):

Auch in der taz ist das gleiche Foto zu sehen, mit den gleichen Randalierern, die dort ebenfalls als „Querdenker“ ausgegeben werden. Die Bildunterschrift: „Schreien gegen die Corona Maßnahmen: sogenannte Querdenker in Leipzig.“

Ich empfehle als „Gegengift“ dieses Video von der Situation, die in diesem Bild geschildert ist sowie diese Fotogalerie von Martin Lopez, der direkt vor Ort fotografierte – hier ein paar Auszüge:

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Bild: Martin Lopez
Text: br
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YouTube player
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